Fotobuch: Impulse 1

                          Metaphern und Bilder

Das Geschenk

Die Bewohner eines Dorfes wollten einst einem Mann, der sich große Verdienste um die Gemeinde erworben hatte, ein Geschenk machen. Man überlegte lange hin und her und fasste dann den Entschluss, ihm ein Fass Wein zu geben. Jeder Einwohner der Gemeinde sollte seinen Teil beitragen und einen Liter Wein beisteuern.

Also wurde ein großes Fass auf einen Wagen gehoben, die Pferde wurden angespannt und der Karren wurde von Haus zu Haus gezogen. Die Bewohner kamen mit Gefäßen oder Flaschen aus den Häusern und gossen ihren Anteil in das Fass. Nach kurzer Zeit war das Fass voll. Es wurde verschlossen und dem Mann ins Haus gebracht. Dieser war sehr erfreut über das Geschenk und die freundliche Gesinnung seiner Mitbürger. In einer kurzen Ansprache bedankte er sich bei allen und sprach: „Zum Dank für euer Geschenk möchte ich alle am nächsten Sonntag zu einem Gläschen Wein einladen.“ Alle nahmen die Einladung an und man beschloss, sich nach dem Kirchgang wieder vor seinem Haus zu treffen.

Am nächsten Sonntag wurde das Fass mit großer Feierlichkeit angestochen. Alle freuten sich auf ein gutes Schlückchen, aber kaum war der Hahn aufgedreht und die ersten Gläser gefüllt, bekamen alle einen großen Schreck. Nichts als Wasser floss heraus.

Wie viel Erde braucht ein Mensch

Einem armen Bauern, der kaum das Nötigste zum Leben hat, wird eines Tages ein unerwartetes Glück zuteil. Ein reicher Grundbesitzer erlaubt ihm, so viel Land als sein Eigentum zu erwerben, wie er in der Zeitspanne zwischen Sonnenaufgang und ‑untergang zu Fuß umschreiten kann. Die einzige Bedingung: Er muss, wenn die Sonne untergeht, genau wieder an dem Punkt angekommen sein, an dem er morgens aufgebrochen ist.

Zunächst ist der arme Bauer überglücklich, weil er bei weitem nicht den ganzen Tag brauchen wird, um so viel Land zu umwandern, wie er zu einem reichlichen Lebensunterhalt braucht. So geht er frohen Mutes los, ohne Hast, mit ruhigem Schritt. Doch dann kommt ihm der Gedanke, diese einmalige Chance auf jeden Fall auszunützen und so viel Boden wie nur eben möglich zu gewinnen.

Er malt sich aus, was er alles mit dem neugewonnenen Reichtum anfangen kann, wozu er ihn verwenden will. Sein Schritt wird schneller und er orientiert sich am Stand der Sonne, um nur ja nicht den Zeitpunkt zur Rückkehr zu verpassen. Er geht in einem großen Kreis weiter, um noch mehr Land zu erhalten. Dort will er noch einen Teich hinzubekommen, hier eine besonders saftige Wiese und da wiederum ein kleines Wäldchen. Sein Schritt wird hastig, sein Atem wird zum Keuchen, der Schweiß des Laufens und der Schweiß der Angst treten ihm auf die Stirn.

Endlich, mit letzter Kraft, ist er am Ziel angekommen: Mit dem letzten Strahl der untergehenden Sonne erreicht er den Ausgangspunkt, ein riesiges Stück Land gehört ihm ‑ doch da bricht er vor Erschöpfung zusammen und stirbt; sein Herz war der Belastung nicht gewachsen. Es bleibt ihm jenes winzige Stück Erde, in dem er beerdigt wird; mehr braucht er jetzt nicht mehr.